14./15.09.2017 | london, england

„london calling, yes, i was there, too. and you know what they said? well, someone it was true. london calling at the top of the dial. and after all this, wont’t you give me a smile?“ so nicky headon, frontman von the clash. so auch zwanzigtausend fc-fans, die ihrem verein zum ersten europapokalspiel in die britische hauptstadt folgen. ganz london rot-weiß. heathrow, stansted, victoria und paddington station. fulham, kensington, soho, kings cross. kölsches liedgut auf der oxford street, in der piccadilly line, beim highbury field und in den pubs der stadt. karneval in london, heimspiel für den fc.

sechs uhr morgens. aus der schönsten bucht der französischen atlantikküste mit dem ersten bus zum aeroporto biarritz. mit easyjet über paris, drei stunden stopover in charles de gaulles. weiter mit der air france nach london heathrow. die aufregung steigt. landung um dreizehn uhr fünfundvierzig ortszeit. vereinzelte kölner sind bereits am flughafen lautstark zu hören, alle wollen möglichst schnell in die innenstadt. mit der tube zur liverpool street, gepäck einschließen, kurzen snack einwerfen. t-shirt, hoodie und shorts können auch zwei tage getragen werden, mit leerem magen bier trinken ist allerdings blöd.

sechszehnuhrdreißig. highbury fields, circa eineinhalb kilometer entfernt vom emirates stadium. nach dem verlassen der underground ein ungläubiger blick. wenn die vielen roten busse und die backsteinernden häuser nicht wären, highbury könnte der neumarkt sein. die jahnwiese, der rudolfplatz, die altstadt. am offiziellen treffpunkt der fc-fans in london versammelt sich ganz köln. marieschen schüttelt die hand, seine frau trinkt kölsch und herzt lallend. die jungs aus der hammond bar vollständigg vertreten, kumpels aus der südkurve sind da, freunde und bekannte an jeder ecke.

der rot-weiße pulk setzt sich langsam in bewegung, der ein oder andere anwohner schaut ungläubig aus dem fenster. sie verstehen die texte der lieder natürlich nicht, dennoch eine ausgelassene stimmung im ganzen viertel. es wird geherzt, beglückwünscht, umarmt, getanzt, getrunken. neue freundschaften werden geschlossen, alte werden besiegelt. jedes bier wird geteilt, bruderschaft getrunken, konfettikanonen angezündet. jemand verteilt zwei portionen fish and chips auf zeitungspapier. dazu wird gesungen, gesungen und gesungen. wir spielen wieder im europapokal.

das chaos am emirates ist überschaubar. die antreffenden kölner teilen sich schnell zu den jeweiligen eingängen auf. vor block 113 wird geduldig gewartet, auch als sich der anpfiff um eine stunde verzögert. die durchsage wird mit kölschem liedgut gefeiert, die arsenalfans ergeben sich ihrem schicksal und beschäftigen sich mit staunen. die tore werden geöffnet, ein raunen geht durch die menge. es wird schnell klar, dass fast jeder der zwanzigtausend kölner anhänger auch einen platz im stadion ergattern konnte. ein drittel des emirates ist in rot-weißer hand.

noch klarer wird das in der neunten minute, als der fc in führung geht. das traumtor von jhon cordoba wird ausgelassen gefeiert, der lärm ist ohrenbetäubend. wildfremde menschen liegen sich in den armen. die auswärtskurve in voller ekstase, auch die fans der gunners peitschen ihr team nun dem ausgleich entgegen. gänsehaut. neunzig minuten. in der pause ohne pause.

nach abpfiff verlässt keiner der mitgereisten das stadion. trotz der niederlage spielt der fc wieder europapokal. und das soll minutenlang besungen werden. die teams sind schon lange in den katakomben verschwunden, der stadionsprecher wird langsam unruhig und fordert nachdrücklich zum gehen auf. heute ist alles egal. was zählt ist der moment. hier in london. hier mit dem fc.

mit der letzten tube ins hostel. sperrstunde in england. bier gibt es nicht mehr, wasser ist jetzt sowieso besser. zehner dorm, taubenschlag, einige kommen, andere gehen. vier stunden schlaf. vom europapokal in london träumen. oder ist der traum etwa realität? bilder eines unvergesslichen abends im emirates kehren in den kopf zurück.

tag zwei in london beginnt um acht uhr mit einer heißen dusche, einem coffee to go am earl’s court und einem suchbegriff bei google maps. „deutsches konsulat london“. neue papiere müssen her. gestern einen moment zu viel gefeiert, ausweis und kohle weg. der rückflug geht am abend zurück nach biarritz, danach die weiterreise nach spanien und portugal. erst in ein paar wochen dann zurück nach deutschland. eine einfache rückreisegenehmigung ins heimatland hilft also nicht, ein vorläufiger reisepass für drei monate muss her. nach einer charmantem darstellung der sachlage, naiv-nettem vordrängeln am schalter, einigen telefonaten mit acht prozent akku und rücksprache mit dem chef der botschaft dann erleichterung. der pass wird ausgestellt, einer weiterreise mit dem roten bus steht nichts im wege. fast nichts. denn die finale bestätigung des kölner amtes fehlt noch. minuten verstreichen, stunden verstreichen. köln hat offenbar schon geschlossen, kein feedback auf emails und anrufe. london sind die hände gebunden, ein rückflug ins rheinland ist in diesem moment wahrscheinlicher als eine einreise in frankreich.

kurz vor schließung der botschaft um zwölf uhr ortszeit strahlt die nette mitarbeiterin. die bestätigungsmail aus köln ist da. endlich. vorläufiger reisepass gemehmigt. vielen dank, thank you very much, merci beaucoup. mit einem lächeln im gesicht zurück in die tube, gepäck aus dem schließfach holen, indischer lunch to go in der mittagssonne. dazu cola und kaffee auf einer parkbank.

der bus nach gatwick braucht über zwei stunden, die augen fallen zu. der flieger nach südfrankreich ist pünktlich, die augen fallen wieder zu. landung in biarritz, der letzte bus zurück zur schönsten bucht an der französischen atlantikküste fährt in siebzehn minuten. sprint übers rollfeld, etwas ungläubige blicke bei der einreise mit dem neuen reisepass, gepäck vom band, bus erreicht. zurück in saint jean de luz. am roten bus. ein bier. zwei bier. zurück im zu hause auf zeit. beim einschlafen ein lied im kopf. „london calling, yes, i was there, too. and you know what they said? well, someone it was true. london calling at the top of the dial. and after all this, wont’t you give me a smile?“ so lange der rote bus rollt.

der song zum beitrag: the clash – london calling

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